Fliegenfischen bei Hochwasser - Herausforderung und Chance

Fliegenfischen bei Hochwasser – Herausforderung und Chance

March 04, 2025Jan Zientarra

Fliegenfischen bei Hochwasser – Herausforderung und Chance

Fliegenfischen ist eine faszinierende Art des Angelns, die von Ruhe, Präzision und Technik lebt. Doch was passiert, wenn sich die Bedingungen drastisch ändern und Hochwasser die Gewässer erfasst? Viele Angler meiden solche Situationen, doch mit der richtigen Strategie kann Hochwasser auch eine interessante Herausforderung und sogar eine Chance auf kapitale Forellen sein.

Hochwasser beeinflusst die Gewässer auf vielfältige Weise. Die Strömungsgeschwindigkeit nimmt zu, die Sichtverhältnisse im Wasser verschlechtern sich und Fische verlagern ihre Standorte Richtung Ufer. Außerdem werden Nährstoffe und Kleinstlebewesen aufgewirbelt, was wiederum die Fische in bestimmte Bereiche lockt.

Sicher kennt jeder Fliegenfischer das Risiko an ein fremdes Gewässer mehrere hundert oder sogar tausend Kilometer anzureisen um dann festzustellen, dass der Traumfluss hoch und braun und somit unbefischbar ist. Aber ist das wirklich so? Unbefischbar?

Ich selber stand letztes Jahr mit ein paar Freunden kurz nach der Anreise in die Eifel auf einer Brücke und schaute auf das sonst so friedliche Flüsslein. Das Wasser war mindestens 50 cm höher als normal und milchkaffeebraun. Das Ufer war nicht mehr zu sehen und die Wiesen standen unter Wasser. 

Eine weitere Gruppe Fliegenfischer kam zeitgleich mit uns an und stand ebenfalls auf der Brücke und schaute enttäuscht auf den Fluss. Nach einer kurzen Besprechung war sich die Gruppe einig, wieder den Heimweg anzutreten und abzubrechen, da der Fluss auch für die nächsten Tage unbefischbar zu sein schien. Ähnlich reagierten einige Jungs aus meiner Gruppe.

Ich habe in den letzten 40 Jahren viele Fliegenfischer dabei beobachtet, wie sie ohne das Gewässer zu lesen oder sich das Nahrungsangebot auf und im Wasser genauer anzuschauen, einfach darauf los fischen. Die Standardfliege wird gebetsmühlenartig quer den Fluss abwärts präsentiert, immer und immer wieder. Das hat in der Regel zur Folge, dass kleine und unerfahrene Fische die Fliege nehmen. Warum? Weil die kleinen Fische sehr neugierig sind und viel weniger Energie aufwenden müssen um einem Köder mehrere Meter zu folgen. Anders sieht es da bei einer kapitalen Forelle aus, sie wägt genau ab ob sich ein Spurt zur Fliege lohnt oder nicht.

Der aber wohl größte Fehler der "Stromab-Methode" ist, das je nach Strömung der Fisch die Fliege gar nicht wahrnimmt, da sie in einer völlig falschen Wassertiefe angeboten wird und oft sogar durch den Film furcht. Dies wird bei hohen, schnellen und braunen Wasser nicht besser! Im Gegenteil, hier könnte man schon von völliger Zeitverschwendung sprechen und lieber eine Flasche kalten Riesling öffnen und auf bessere Zeiten warten.

Was ist also zu tun? Warten bis der Wasserstand wieder sinkt oder trotzdem ans Wasser? Zweiteres natürlich. Die Stichwörter heißen: Deep, fast & Dirty!

Wo würden wir uns als Fisch in solch einer Situation aufhalten? Mitten in der Hauptströmung ohne jegliche Orientierung? Natürlich nicht.

Die Fische stehen jetzt buchstäblich vor unseren Füßen, direkt am Ufer, teilweise in den überschwemmten Wiesen. Durch das jetzt stark erhöhte Nahrungsangebot und die eingeschränkte Sicht, werden die Forellen unvorsichtig und nehmen so ziemlich alles was ihnen vors Maul kommt. Das genau ist der Moment, wo Hochwasser zur Chance auf unvergessliche Fliegenfischermomente wird.

Deep, fast & Dirty... so nenne ich die Taktik, die genau jetzt zu Einsatz kommt.

Die Rute kann gern eine Klasse höher gewählt werden, z. B. 9 ft #6, viel wichtiger ist jedoch, dass das Vorfach angepasst wird. Da die Bisse sehr hart kommen und gerade bei diesen Hochwassersituationen immer wieder überraschend kapitale Forellen gefangen werden, empfehle ich eine Vorfachspitze von mindestens 0,22 mm, ich persönlich fische eher 0,24 mm oder höher. Des Weiteren benötigen wir definitiv eine Sinkspitze, je nach m3 kommen Intermediate bis Sink 4-Spitzen zu Einsatz. Hier ist es völlig egal, ob es eine Sinktip-Schnur oder eine eingeschlauftes Vorfach ist, Hauptsache wir bringen die Fliege unter die Oberfläche. Damit die Fliege durch die Strömung nicht wieder an die Oberfläche gedrückt wird, empfehle ich eine maximale Vorfachlänge von 120 cm. Durch das trübe Wasser ist das kurze Vorfach völlig ausreichend und die Fliegenschnur für den Fisch nahezu unsichtbar. 

Die Fliegenwahl ist in dieser Situation die mit Abstand unwichtigste Frage, wichtig wäre evtl. nur, dass sie nicht zu klein ist. Schwarze Streamer wie z. B. Wooly Bugger in den Hakengrößen  #8 - #4 sind eine gute Wahl.

Die Technik...

Sucht euch einen sicheren Stand um Uferbereich, watet auf keinen Fall in den Fluss, da es natürlich durch die Strömung gefährlich werden kann, ihr aber auch die Fische "überangelt", diese stehen nämlich jetzt d genau da, wo ihr steht. Werft nicht quer an das andere Ufer, sondern parallel zu eurem Ufer flussabwärts und stippt so schnell ein wie ihr könnt! Ich meine, wirklich so schnell wie ihr könnt!

Fazit: Hochwasser als Chance nutzen...

Anstatt Fliegenfischen bei Hochwasser vorschnell abzubrechen, sollten Angler ihre Technik anpassen. Mit der richtigen Strategie, passenden Ködern und dem Wissen um die Standorte der Fische lässt sich auch oder gerade bei diesen Bedingungen erfolgreich angeln.

 Also: Mut zur Herausforderung – Hochwasser kann deine Chance sein!

Solltet ihr weitere Fragen zum Thema Deep, Fast & Dirty haben oder grundsätzlich etwas über das Fliegenfischen im Sauerland wissen möchtet, schreibt mit unter info@walddesignerin.de oder ruft mich an: 0172 - 263 5958

Wir sehen uns am Wasser - Jan Zientarra

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