Das trügerische Steigen: Wenn Forelle & Äsche zur Maifliegenzeit Aufsteiger lieben.
Die Maifliegenzeit – für viele Fliegenfischer der Höhepunkt des Jahres. Die Natur explodiert, die Insekten schlüpfen in Massen und die Fische scheinen verrückt zu spielen. Doch was, wenn die erhofften kapitalen Forellen und stattlichen Äschen zwar steigen, aber Ihre sorgfältig präsentierte Trockenfliege verschmähen? Die Antwort könnte direkt unter der Wasseroberfläche liegen, in Form von Aufsteigernymphen, und das verräterische "Steigen" ist vielleicht gar keins – zumindest nicht auf adulte Insekten.
Es ist ein Phänomen, das selbst erfahrene Fliegenfischer zur Verzweiflung treiben kann: Überall am Fluss zeigen sich Ringe auf dem Wasser, Fische sind aktiv, scheinbar auf Oberflächennahrung fixiert. Doch die perfekt gebundene Maifliegen-Dun treibt unbehelligt darüber hinweg. Der Grund liegt oft darin, dass sich Forellen und Äschen nicht auf die frisch geschlüpften, auf dem Wasser tanzenden adulten Maifliegen konzentrieren, sondern auf die sogenannten Emerger oder Aufsteigernymphen. Diese befinden sich im kritischen Stadium des Schlupfes, im Übergang von der Nymphe zum flugfähigen Insekt, oft gefangen im oder knapp unter dem Oberflächenfilm. Für die Fische sind sie eine leichte und nahrhafte Beute.
Der verräterische "Stieg" – Genauer hinsehen lohnt sich!
Das Fatale: Die Art und Weise, wie Fische diese Aufsteiger nehmen, ähnelt oft stark einem normalen Steigen nach einer Trockenfliege. Es entsteht ein Ring, eine Bewegung an der Oberfläche, die uns sofort zur Trockenfliegenbox greifen lässt. Doch es gibt feine Unterschiede, auf die es zu achten gilt:
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Der "Buckel" oder "Schwall": Oftmals durchbricht der Fisch die Oberfläche nicht wirklich mit dem Maul. Stattdessen sieht man einen Buckel, einen Schwall oder ein nervöses "Wackeln" knapp unter der Oberfläche. Der Fisch dreht direkt unter dem Film ab, nachdem er den Aufsteiger inhaliert hat. Dieses "Abdrehen knapp unter der Wasseroberfläche" ist ein Schlüsselindikator.
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Fehlendes Maul: Bei einem echten Stieg auf eine Dun sieht man oft, zumindest bei gutem Licht und ruhiger Oberfläche, kurz das geöffnete Maul des Fisches. Beim Fressen von Aufsteigern fehlt dieser Anblick häufig, da die Nahrungsaufnahme minimal tiefer stattfindet.
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Dezenter Ring: Der entstehende Ring kann weniger prägnant sein als bei einem sauberen Schlürfen einer Dun von der Oberfläche. Manchmal ist es eher ein nervöses Kräuseln oder ein plötzliches Verschwinden der vermeintlichen Steigbewegung ohne sichtbare Insektenaufnahme.
- Selektivität beobachten: Wenn Sie echte Maifliegen (Duns) auf dem Wasser treiben sehen und die Fische diese konsequent ignorieren, während weiterhin "Steigaktivität" zu beobachten ist, ist das ein starkes Indiz für das Fressen von Aufsteigern.
Warum Aufsteiger? Die Perspektive der Fische
Für Forellen und Äschen stellen Aufsteiger eine extrem attraktive Nahrungsquelle dar. Sie sind:
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Verletzlich: Im Übergangsstadium sind die Insekten unbeholfen und können kaum fliehen.
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Reichlich vorhanden: Während eines Massenschlupfes gibt es eine hohe Dichte an Aufsteigern.
- Leicht erreichbar: Sie befinden sich konzentriert im oder knapp unter dem Oberflächenfilm.
Die Fische müssen oft nur minimal ihre Position verändern, um diese nahrhaften Happen einzusammeln, was energetisch sehr effizient ist.
Die richtigen Fliegenmuster: Im Film und knapp darunter
Wenn Sie erkannt haben, dass sich die Fische auf Aufsteiger eingeschossen haben, ist die Wahl des richtigen Musters entscheidend. Gefragt sind Fliegen, die genau dieses Stadium imitieren – halb in der Nymphenhülle steckend, halb schon Insekt, kämpfend im Oberflächenfilm.
Beliebte und fängige Muster sind:
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CDC-Emerger: Fliegen mit viel CDC (Cul de Canard-Federn) sind hier Gold wert. Sie schwimmen tief im Film oder knapp darunter und imitieren perfekt die Verletzlichkeit der natürlichen Aufsteiger. Muster wie der "CDC Mayfly Emerger" oder "J's Maifliegen-Aufsteiger" sind exzellent.
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Klinkhamer Special / Parachute Emerger: Diese Muster hängen mit dem Körper unter der Wasseroberfläche, während der gut sichtbare Flügel oder Schaumstoffposten als Sichthilfe dient und die Fliege im Film hält. Sie imitieren perfekt eine Nymphe, die gerade dabei ist, die Oberflächenspannung zu durchbrechen.
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Soft Hackles / Spider: Leicht beschwerte oder unbeschwerte Soft-Hackle-Muster, die knapp unter der Oberfläche gefischt werden, können ebenfalls sehr erfolgreich sein, da sie die Bewegung der aufsteigenden Nymphe und das Schlüpfen andeuten.
- Deer Hair Emerger: Muster mit einem kleinen Flügel oder Kopf aus Rehhaar können ebenfalls gut funktionieren, da das Rehhaar für den nötigen Auftrieb im Film sorgt, während der Körper tiefer hängt.
Wichtig ist, dass der hintere Teil der Fliege (das Abdomen) im Wasser hängt, während der vordere Teil (Thorax, Flügelansatz) die Oberfläche gerade so berührt oder leicht durchbricht.
Präsentation ist alles: Die Kunst des Anbietens
Die erfolgreichste Präsentation imitiert das natürliche Verhalten der Aufsteiger:
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Dead Drift im Film: Werfen Sie schräg stromauf an den vermuteten Standplatz oder den beobachteten "falschen Stieg". Die Fliege sollte sich absolut frei und ohne zu draggen (ohne unnatürlich von der Schnur gezogen zu werden) im Oberflächenfilm oder knapp darunter auf den Fisch zu bewegen.
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Der "Leisenring Lift" oder das "Zittern": Manchmal kann ein ganz leichtes Anheben der Rutenspitze oder ein minimales Zittern der Schnur am Ende der Drift den entscheidenden Reiz auslösen und einen zögernden Fisch zum Anbiss verleiten. Dies imitiert den letzten verzweifelten Versuch des Insekts, sich aus der Nymphenhülle zu befreien.
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Sparsam mit Schwimmpräparat: Wenn Sie Schwimmfett (Floatant) verwenden, dann nur sehr sparsam und idealerweise nur auf den Flügel oder den Teil der Fliege, der als Sichthilfe dient. Der Körper der Fliege soll bewusst im oder unter dem Film hängen. Oft ist es sogar besser, die letzten Zentimeter des Vorfachs zu entfetten, damit es die Fliege nicht unnatürlich hochhält.
- Sanfte Würfe: Vermeiden Sie es, mit der Schnur auf das Wasser zu klatschen, besonders in ruhigeren Bereichen. Eine feinfühlige Präsentation ist entscheidend.
Ausrüstung: Feingefühl ist gefragt
Für das Fischen mit Aufsteigernymphen ist keine spezielle Ultra-Spezial-Ausrüstung nötig, aber einige Aspekte sind hilfreich:
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Rute und Rolle: Eine Standardausrüstung für die Forellen- und Äschenfischerei in den Schnurklassen #3 bis #5 ist ideal. Eine Rute mit sensibler Spitze hilft, die feinen Bisse zu erkennen und das Vorfach zu schützen.
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Fliegenschnur: Eine schwimmende WF-Schnur (Weight Forward) oder DT-Schnur (Double Taper) ist Standard.
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Vorfach: Hier liegt ein Schlüssel zum Erfolg. Lange, konische Vorfächer (9-12 ft) mit einer Spitze von 0,12 mm bis 0,18 mm, je nach Fischgröße und Scheuheit, sind empfehlenswert. Flourocarbon-Vorfachmaterial ist oft eine gute Wahl für das Tippet, da es in den Oberflächenfilm einsinkt.
- Vorfachringe: Kleine Vorfachringe können nützlich sein, um das Tippet einfach und schnell zu wechseln, ohne das konische Vorfach zu verkürzen.
Fazit: Entschlüsseln Sie das Geheimnis der Aufsteiger!
Die Maifliegenzeit ist und bleibt eine magische Periode am Wasser. Wenn Forellen und Äschen das nächste Mal zwar steigen, Ihre Trockenfliegen aber ignorieren, denken Sie an die Aufsteiger. Beobachten Sie die "Rise Forms" genau, wählen Sie ein passendes Emerger-Muster und präsentieren Sie es mit Feingefühl knapp unter oder im Oberflächenfilm. Die Belohnung in Form einer kapitalen Forelle oder einer prachtvollen Äsche, die dem trügerischen Steigen auf den Leim gegangen ist – oder besser gesagt Ihrer perfekt präsentierten Aufsteigernymphe – wird nicht lange auf sich warten lassen.
Petri Heil und viel Erfolg in dieser faszinierenden Zeit!
Wir sehen uns am Wasser - Jan Zientarra

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